Die Fotografin Genia Jonas ist heute im Tanz vor allem wegen ihrer Fotos der Tänzerin Palucca bekannt. 1914 geht die am 2. September 1895 in Rogasen, in der Provinz Posen, Geborene nach Berlin und wird dort Fotografin. 1918 eröffnet sie in Dresden auf der Bürgerwiese 6 ihr „Fotoatelier Portikus“. Später wird sie in diesem Haus mit ihrem Mann Alfred Günther, der in den Dresdner Neuesten Nachrichten über Tanz schreibt, auch wohnen. Über ihn lernt sie Palucca kennen, die nach ihrer Heirat mit dem Industriellen Friedrich Bienert auf der Bürgerwiese 25 lebt. Palucca beschreibt das Zusammentreffen mit Genia Jonas so: „Da war irgendeine Beziehung, wie es das ja manchmal gibt. Uns hat das beide fasziniert.“
Mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten ändert sich das Leben von Genia Jonas radikal. Sie wird wegen ihrer „nichtarischen Herkunft“ 1935 aus der „Gesellschaft Deutscher Lichtbildner“ ausgeschlossen, ihr Mann als „jüdisch versippt“ ein Jahr später aus der Reichsschrifttumskammer.
Ihre gesamte in Dresden lebende Familie emigriert: die Brüder Max und Kurt nach Rotterdam und in die USA und Schwester Erna nach Palästina. Auch die Eltern wähnen sich nach ihrer Flucht in Rotterdam sicher, werden aber 1940 nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht ins Konzentrationslager Sobibór deportiert und dort ermordet. Genia Jonas, die wegen einer schweren Erkrankung als Einzige in Dresden bleiben muss, wird dieses Schicksal der Eltern nicht mehr erleben. Sie erliegt am 8. Mai 1938 ihrem Krebsleiden. Palucca hat noch am Krankenbett für sie getanzt.
Ralf Stabel