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Experimentelles Theater

John Neumeier spricht mit Jörn Rieckhoff über die Uraufführung seiner Tanz-Collage ›Die Unsichtbaren‹

›Die Unsichtbaren‹ befasst sich mit der Situation von Tänzerinnen und Tänzern in der Zeit des Nationalsozialismus. Gab es einen äußeren Impuls für diese Produktion?

Die Idee dazu habe ich lange Zeit verdrängt. Vielleicht ist es aber auch gut, dass dieses Werk so spät zustande kommt. Heute bringe ich die Erfahrung mit, mit einem so wichtigen und sensiblen Thema angemessen umzugehen.
Peter Schmidt hat vor vielen Jahren die Ausstellung ›Verstummte Stimmen‹ konzipiert, über Sängerinnen und Sänger, Musikerinnen und Musiker, die in der NS-Zeit ermordet wurden oder aus Deutschland emigrieren mussten. Zu jener Zeit war mir nicht so bewusst, dass es meine Aufgabe sein müsste, etwas Vergleichbares für den Tanz zu machen. Es ist offensichtlich, dass die Schicksale ganz ähnlich waren.
Auf einmal war mir absolut klar, dass ich, der 1963 als Ausländer nach Deutschland kam, es »jetzt« machen müsste. Sicher, als Kind in den USA war Deutschland für mich ein Feind. Als junger Mann aber war es für mich aufgrund der weltweiten Versöhnung kein Problem, in dieses Land zu gehen, in dem ich damals ein Jahr zu bleiben plante. Die Tatsache, dass ich als Ausländer die Möglichkeit hatte, in Deutschland meine Karriere zu entfalten, gibt mir die Verantwortung, für die unsichtbaren Menschen aus der Geschichte dieses Landes zu sprechen. Mit meinen Mitteln: nicht, indem ich eine Doktorarbeit schreibe oder einen Dokumentarfilm drehe, sondern indem ich meiner rationalen und vor allem emotionalen Reaktion auf ihr Schicksal eine sichtbare Form gebe.

Warum haben Sie diese Tanz-Collage für das Bundesjugendballett konzipiert, warum gerade im Ernst Deutsch Theater, in dessen Programmprofil Kunstfreiheit und Demokratie eine besondere Tradition ausgebildet haben?

Ich dachte zunächst, das Stück müsste auf jeden Fall Texte haben, um es für ein Publikum verständlich zu machen. Keine durchgehende Geschichte wie in einem Schauspiel, sondern etwas Fragmentarisches, orchestriert für eine Tanz-Collage. Beispielsweise Stimmen von Emigranten: Während einer einfach nur froh war, aus Europa entkommen zu sein, begegnete einem anderen die Frage: »›Jüdisch‹ – was ist das denn?« Zwar verwende ich auch Zitate des jüdischen Emigranten Ernst Deutsch, aber zuerst war es die dramatische Form, die mich an das Ernst Deutsch Theater als Aufführungsort denken ließ.
Das Bundesjugendballett als Ensemble junger Tänzerinnen und Tänzer kam mir in den Sinn wegen des immensen Unterschieds in den Entfaltungsmöglichkeiten heute und damals. Erst kürzlich traf ich am Flughafen einen Schüler von uns, vielleicht 15 Jahre alt, der Perlenketten und Ohrringe trug – ganz selbstverständlich. Ich finde das toll! Mir ist nur wichtig, dass jungen Menschen bewusst wird, dass es in Deutschland vor nicht einmal 100 Jahren eine Zeit gab, in der man dafür ins Gefängnis gekommen ist. Der so genannte Homosexuellen-Paragraf 175 wurde sogar erst 1994 abgeschafft. Deswegen war diese Kombination für mich richtig: Bundesjugendballett, Ernst Deutsch Theater, Sprechtheater, live gespielte Kammermusik – und nicht die große Form, die unsere Staatsopernbühne ermöglicht.
Mir war klar, dass diese Collage eine Art experimentelles Theater sein würde, das mit der Planung von Bühnen- und Beleuchtungsproben im Rahmen eines parallel laufenden Opernbetriebs nicht kompatibel wäre. Es ähnelt eher der Form von Theater, wie ich es als Student der Marquette University kennengelernt hatte: in einer begrenzten, aber umso intensiveren Form. In gewisser Weise knüpfe ich an das letzte Großprojekt mit dem Ernst Deutsch Theater an: ›Bundesjugendballett trifft Shakespeare‹.

Seit einigen Jahren haben Sie neben der amerikanischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Was überwiegt bei der Recherche zu ›Die Unsichtbaren‹: die Erfahrungen und Erinnerungen ihrer fast sechs Jahrzehnte umspannenden Tätigkeit in Deutschland – oder die forschende Recherche, beispielsweise mit Dokumenten aus Ihrer umfassenden Tanzsammlung?

Fünf Jahre nach meiner Ankunft in Deutschland kamen Proteste auf. Jungen Menschen wurde bewusst, dass ihre Elterngeneration die menschenverachtende NS-Herrschaft nicht nur als Unbeteiligte miterlebt haben konnte. Zeitgleich wurde in den USA der Vietnam-Krieg von Protesten begleitet. Als junger Mensch, der noch militärische Verpflichtungen gegenüber meinem Land hatte, habe ich mir große Gedanken gemacht, ob ich eventuell zu einem Einsatz dorthin einberufen werden könnte. Im Rückblick muss ich feststellen: Seit dem Moment, als ich am 1. Dezember 1969 Ballettdirektor in Frankfurt wurde – und auch später in Hamburg –, war ich so beschäftigt, habe so intensiv und hingebungsvoll an der Entwicklung meiner Compagnie gearbeitet, dass ich wenig nach rechts und links geschaut habe.
Als ich anfing, für ›Die Unsichtbaren‹ zu recherchieren, war es ganz furchtbar, neu zu erfahren, dass ein bedeutender Tänzer wie Alexander von Swaine, den man in Deutschland sogar mit Nijinsky verglichen hatte und der als schwuler Tänzer im Gefängnis war, meine Arbeit kannte! Von Swaine wusste von mir durch Lisa Czóbel, eine Tänzerin, die auch emigriert war, aber später nach Hamburg zurückkam. Sie hat ihm von meiner Arbeit nach Mexiko berichtet, und er schrieb in seinen fast letzten Briefen auch über mich. Ich habe von Swaine nie kennengelernt. Es macht mich sehr traurig, dass ich diesen Kontakt nicht gesucht habe, dass ich das übersehen habe. Nicht zuletzt deshalb ist er für mich persönlich ein »Unsichtbarer«.
Eine andere Erinnerung verbinde ich mit Erika Milee, einer meiner größten Fans, als ich nach Hamburg kam. Sie war eine moderne Tänzerin, Laban-Schülerin, die als Jüdin emigrieren musste, nach Paraguay. Alle Mitglieder ihrer Familie wurden in der Nazi-Zeit umgebracht. Trotzdem kam sie 1959 nach Deutschland zurück, denn sie glaubte an das Vergeben, an einen Neubeginn. Erika Milee hat sich intensiv mit dem Hamburg Ballett beschäftigt und als Mitbegründerin unseres ersten Freundeskreises viele interessante Vorträge gehalten. Erst kürzlich war ich besonders gerührt zu erfahren, dass der junge Tänzer namens Julio, der die Hauptrolle in meinem neuen Ballett für die Düsseldorfer Compagnie tanzt, aus Paraguay stammt – aus der Schule, in der Erika Milee gearbeitet hat. Ich empfinde tiefes Bedauern, dass mir ihr Schicksal in seiner Tragweite nicht bewusst war.
Diese Menschen aus der großen Zeit des Aufblühens des modernen Tanzes in Deutschland, Mitte der Zwanziger bis Anfang der Dreißiger Jahre – diese Menschen lebten noch, selbst als ich nach Hamburg kam. Ich hätte von ihnen Dinge erfahren können, aus allererster Hand. Es tut mir so leid, das verpasst zu haben.
›Die Unsichtbaren‹ ist daher auch eine Auseinandersetzung mit den Tanzformen der damaligen Zeit und deren großen Protagonisten: Rudolf von Laban, Mary Wigman, Gret Palucca, Harald Kreutzberg, Alexander von Swaine. Ganz am Anfang des Projekts plante ich, wirkliche Zitate von ihren Choreografien zu zeigen. Von dieser Idee bin ich aber wieder abgerückt, denn ich möchte keine Kontroverse um historische Stile provozieren, die sich aus dem Anspruch einer Rekonstruktion ergeben könnte. Die Tänze, die ich zeige, sind Impressionen, genau wie die Tänze in meinem Ballett ›Nijinsky‹. Ich habe mich anregen lassen von dem, was ich gelesen habe, von kurzen Filmausschnitten, vor allem von den aufregenden Fotografien der Zeit. Daraus sind »Stil-Impressionen« entstanden, manchmal bewusst zugespitzt. Sozusagen »meine« Mary Wigman, wie sie ihren Stil heute präsentiert hätte.
Im Gegensatz dazu sind nahezu alle gesprochenen Texte historisch, entnommen aus Briefen, Vorträgen oder anderen Dokumenten der Zeit.

Dazu zählt auch ein Dokument aus den Beständen Ihrer Tanz-Sammlung: das Manuskript eines Vortrags, den Mary Wigman 1941 im Theatermuseum Hamburg gehalten hat.

Das ist wie ein Wunder! Ich habe eine sehr große Bibliothek mit rund 14.000 Büchern. Normalerweise weiß ich von jedem Buch, woher es kommt: wo ich es gekauft habe, wer es mir geschenkt hat oder aus welcher Sammlung es stammt. Nachdem ich mich für dieses Projekt entschieden hatte, ging ich eines Tages durch die Abteilung zum Deutschen Ausdruckstanz und mir fiel dieses Dokument in die Hand: ein Schreibmaschinen-Text mit handschriftlichen Korrekturen, es kann nur von Mary Wigman sein.
In diesem Text spricht sie von ihrem Auftritt im Curio-Haus 1919 in Hamburg, und sie behauptet, dieser Jahrzehnte zurückliegende Auftritt sei der Zündfunke ihrer Karriere gewesen. Das Hamburger Publikum habe sie als Künstlerin verstanden und mit großem Applaus begrüßt. Ich dachte: Das kann nicht wahr sein! Ich kann mich nicht daran erinnern, das Dokument gekauft oder ersteigert zu haben – ich weiß nicht, wo es herkam. Auch in unserem genau geführten Archiv-Register hat es keine Nummer. Fast denke ich: Mary hat es eines Nachts dorthin gestellt.
Dieser Vortrag führt wie eine textliche Leitlinie durch den Abend.

›Die Unsichtbaren‹ kombinieren heutige Choreografien – teils als historisch inspirierte Impressionen – mit Texten der 1920er und 1930er Jahre. Welches Verhältnis nimmt dazu die große Bandbreite an Musikstilen ein, die Sie an diese Tanz-Collage herantragen?

Das hat sich allmählich entwickelt. Das Stück besteht aus sehr vielen Gedanken – aus dem Wunsch und Impuls, ein choreografisches Andenken an die schicksalhaft getroffenen Tänzerinnen und Tänzer dieser Zeit zu kreieren. Es sind so unterschiedliche Themen, dass ich mich fragte: Wie entsteht daraus ein Zusammenhang? Die Antwort fand ich im Sommer bei einem Konzert, in dem die vierhändige Klavierfassung von Igor Strawinskys Ballettmusik ›Le Sacre du Printemps‹ gespielt wurde. Ich dachte: Das könnte der rote Faden sein, der von Anfang bis Ende durch das Stück geht. Es wird der ganze ›Sacre‹ gespielt, aufgeteilt über den Abend. Dadurch, dass es nicht die große Orchestrierung ist, hat es eine ganz bestimmte Atmosphäre, eine Intimität, die sehr gut ins Ernst Deutsch Theater passt. Nicht zuletzt nimmt dieses Werk aus dem Jahr 1913 die Katastrophe des Ersten Weltkriegs vorweg – und alles Furchtbare, was danach kam.
Ich habe dann eine Filmmusik als eine Art Thema für die ›Unsichtbaren‹ gewählt. Zunächst dachte ich, wir würden auch Sänger haben, denn gesungene Texte sind ganz wichtig für diese Zeit. Ich habe mich mit dem damaligen Repertoire beschäftigt und fand beispielsweise das Lied ›Frag nicht, warum ich gehe‹. Wir kennen es als ein bewegendes Lied der wunderbaren Marlene Dietrich. Ursprünglich aber war es für Männerstimme gesetzt, im Film ›Das Lied ist aus‹ von 1930. Der Text wurde von Walter Reisch verfasst, einem Juden, der später emigrieren musste.
Und dann die Comedian Harmonists: Ich fand diese Gruppe ganz wichtig als Teil meiner Collage, als authentischem »Sound« dieser Zeit. Natürlich wissen wir, dass die Hälfte der Sänger Juden war und dass auch sie emigrieren mussten.
Für Gret Palucca musste es ein Walzer sein – die Musikform, zu der sie für die Olympischen Spiele 1936 in Deutschland einen Solotanz kreierte. Es war eine Frau, die in ihrem Tanz eine unglaubliche Sprungkraft besaß und große Lebensfreude ausstrahlte. Anstatt eines Johann Strauß-Walzers verwende ich die ›Straussiana‹ des Emigranten Erich Wolfgang Korngold, eine Art »Super-Strauß«.
Aus der heutigen Distanz betrachtet, ist Palucca eine zwiespältige Figur. Trotzdem: Nach ihrem Olympia-Auftritt durfte sie als Halbjüdin nur noch eingeschränkt auftreten. Ich habe dazu einen eindrucksvollen Text gefunden, der von staatlichen Stellen an alle Zeitungsredaktionen verschickt wurde: man dürfe nicht zu viel über Palucca schreiben, höchstens 30 Zeilen, und keinesfalls Superlative. Einfach absurd!

Mit ›Strange Fruit‹ verwenden Sie auch einen Song der US-Bürgerrechtsbewegung, der durch Billie Holiday bekannt wurde.

Diese Assoziation wurde angeregt durch eine äußerst mutige Aktion von Marianne Vogelsang, einer jungen Choreografin der NSZeit. Sie war anscheinend eine schöne Frau und als Tänzerin populär auch bei den Nationalsozialisten – zu einer Zeit, als Laban und Mary Wigman wegen ihrer tiefsinnigen und nachdenklichen Werke bereits unerwünscht waren. Man wollte eher Themen, die angenehm waren und ein nationales Ideal unterstützten. Auf einmal brachte Marianne Vogelsang 1943 einen Tanz heraus mit dem Titel: ›Wiegenlied für einen Gehenkten‹. Es war ein Skandal!
Als ich das las, dachte ich sofort an ›Strange Fruit‹. Mit diesem Begriff wurden Schwarze bezeichnet, die zu derselben Zeit von rassistischen Gangs in den USA an Bäumen erhängt wurden. Diese Verbindung fand ich unglaublich stark! Ich habe mich daraufhin entschieden, dass ›Die Unsichtbaren‹ keinen Live-Gesang haben würden. Die Vokal-Teile werden den »Original-Klang« der Zeit darstellen, wie verschiedenfarbige Mosaiksteine.

Sie haben vom Zwiespalt gesprochen, der die heutige Sicht auf prominente »Tanzschaffende« der NS-Zeit in Deutschland prägt. Wie geht Ihre Tanz-Collage mit der möglichen Schuld um, die diese Menschen auf sich geladen haben könnten?

Die sogenannte Schuldfrage ist sehr komplex. Selbst den großen Figuren des Tanzes wurde vorgeworfen, dass sie kollaboriert hätten, indem sie ihren Weg in dieser furchtbaren Diktatur weiterverfolgten. Ich arbeite daher für ›Die Unsichtbaren‹ mit dem Tanzhistoriker Ralf Stabel zusammen, der mehrere Bücher über die NS-Zeit und insbesondere über Gret Palucca veröffentlicht hat. Stabel hat im Ost-Berlin der DDR gelebt, also unter einer Diktatur. Insofern vertritt er eine ganz andere Sicht als Menschen, die ihr Leben lang im Westen waren. Ich versuche, genau zu recherchieren und auch zwischen den Zeilen zu lesen.
Vor allem aber suche ich Dokumente, die eine »Kollaboration«, eine wirkliche Zusammenarbeit belegen. Das ist sehr schwer. Ich habe mich mit vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ausgetauscht, die zu diesem Thema forschen und dabei zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen. Zum Beispiel mit Susan Manning von der Northwestern University in Illinois/USA, mit Hedwig Müller und Laure Guilbert.
Ich selber bin unsicher. Wenn man beispielsweise von Mary Wigman ausgeht: Ich glaube, sie war keine besonders sympathische Frau, obwohl alle Schüler sie sehr mochten, genau wie bei Laban. Einige behaupten, dass sie ihren Tanzstil wegen der Nationalsozialisten verändert habe. Das kann sein, es kann sich aber auch um eine künstlerische Weiterentwicklung in eine neue Richtung handeln. Aus meiner Sicht ist das kein stichhaltiges Argument. Wir wissen, dass Wigman gravierende Nachteile hatte und ihre Schule 1942 verlor. Erstaunlich für mich: Noch 1933 hatte sie sich mit einem Brief an die Behörden für ihre jüdischen Schülerinnen und Schüler eingesetzt – immerhin mit ein wenig Erfolg: Ein Anteil von 5 % wurde ihr zunächst zugestanden.

Sicherlich hat diese Schuldfrage durch den im Februar begonnenen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eine neue Aktualität und Relevanz bekommen.

Die jetzige Situation in Russland zeigt uns, wie schwer es ist, zu einer fundierten Einschätzung zu kommen – selbst als Zeitgenossen im heutigen Medienzeitalter. Wir erleben so beeindruckende Beispiele wie Olga Smirnova, die sofort aus Russland wegging, oder Diana Vishneva, die nicht mehr nach Russland zurückgeht. Aber das sind Tänzerinnen, die große Namen haben, die jederzeit eine Position im Ausland finden können.
Ob alle Tänzerinnen und Tänzer Russlands das Land verlassen sollten? Und wenn sie es nicht tun, kollaborieren sie dann automatisch mit Vladimir Putin? Ich finde das von außen sehr schwer zu beurteilen. Einige sind vielleicht beeindruckt von der starken Propaganda. Für andere ist es sicher schwierig, ihre Heimat und Familie zu verlassen. Sie sehen den Krieg möglicherweise als politisches Ereignis, und politische Ereignisse gehen nach einer gewissen Zeit vorüber. Es ist sehr schwer, das Handeln von Menschen unter extremen Bedingungen aus der Distanz zu beurteilen: im aktuellen Kriegsgeschehen ebenso wie im Rückblick auf die NS-Zeit.
Ich will nichts schönreden. Auf der anderen Seite möchte ich auch niemanden verurteilen, von oben herab und aus sicherer Entfernung. Beides widerspräche dem eigentlichen Sinn meiner Tanz-Collage. ›Die Unsichtbaren‹ ist eine Auseinandersetzung mit der vitalen Tanzentwicklung der 1920er und 1930er Jahre, die durch die Machtübernahme des Nationalsozialismus weitgehend zum Stillstand kam. Vor allem aber ist es ein Andenken an die Menschen dieser Tanzszene.