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Alexander von Swaine

Alexander von Swaine wird am 28. Dezember 1905 in sehr wohlhabenden Verhältnissen in München geboren, verliert die Mutter und den einzigen Bruder im Kindesalter, sodass ihn der Vater nach Potsdam ins Internat schickt. Zufällig wird er bei einer Gymnastik-Stunde des Laban-Schülers Botjo Markoff in der Galerie des Kunsthändlers Ferdinand Möller als Talent entdeckt. Dabei hat er lediglich dessen Tochter, die seine Schulfreundin ist, begleitet. Alexander von Swaine, eigentlich ziellos in seiner Lebensgestaltung, absolviert daraufhin eine Ausbildung bei Eugenia Eduardowa, einer ehemaligen russischen Ballerina, in Berlin. Während einer Schulaufführung sieht ihn Max Reinhardt und engagiert ihn umgehend in seine Inszenierung „Ein Sommernachtstraum“. Anlässlich seines dortigen Debüts mit der Tänzerin Tilly Losch in der Choreografie von George Balanchine bezeichnen ihn die Medien 1930 als „ein Talent von internationalem Format“. Damit beginnt eine rasante internationale Karriere, die 1935 abrupt beendet wird. Wegen „widernatürlicher Unzucht“ wird er vom Berliner Schöffengericht zu einer achtmonatigen Haftstrafe verurteilt, die er teilweise im Konzentrationslager Lichtenburg verbüßt. Nach der Entlassung darf er nicht mehr als Theatertänzer tätig sein und tanzt in Filmen. 1937 wird er von Joseph Goebbels „begnadigt“. Er nutzt die Möglichkeit, wieder zu tanzen für ausgedehnte weltweite Tourneen, die auch vom niederländischen Kunstkring und der Reichstheaterkammer gefördert werden. Im Juli 1939 „reist“ er nach Niederländisch Ostindien (heute Indonesien) und gründet dort mit Botjo Markoff eine Ballettschule. Der Aufforderung aus Deutschland, sich nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 umgehend zurückzubegeben, kommt er nicht nach. Doch mit dem Einmarsch der Wehrmacht im Mai 1940 in die Niederlande wird Alexander von Swaine als feindlicher Ausländer in Niederländisch Ostindien und Indien interniert. Erst Anfang 1947 wird er nach sechseinhalb Jahren Haft wieder entlassen. Noch einmal beginnt er zusammen mit der Tänzerin Lisa Czobel eine intensive Theaterarbeit in Deutschland und eine internationale Tournee-Tätigkeit. Seine Choreografie „Der Nachmittag eines Fauns“ aus dem Jahr 1931 hatte ihn das gesamte Tänzer-Leben lang begleitet. Die Medien meinten, seine Interpretation „liess Nijinsky wie einen artigen Schulknaben dagegen wirken“. 1960 beendet er wegen einer Verletzung seiner Tanzpartnerin seine Tanzkarriere mit 55 Jahren und wird bis zu seinem Lebensende im mexikanischen Cuernavaca im Instituto Regional de Bellas Artes klassischen Tanz unterrichten und in sehr einfachen Verhältnissen leben. Er tanzt ein letztes Mal im Begleitprogramm der Olympischen Spiele 1968 in Mexico-City. An seine Schulfreundin aus Potsdamer Kindertagen, Angelika Fessler-Möller, schreibt er in seinem letzten Brief: „Ich bin dankbar und zufrieden mit meinem Leben, und möchte es nicht anders gehabt haben und wenn eines Tages Freund Hein kommt, so ist er willkommmen, ohne dass ich bisher durstig nach ihm lechzen würde.“ Er stirbt am 21. Februar 1990 in Cuernavaca von der Welt des Tanzes vergessen. Als der Deutsche Bundestag 2002 die während der Zeit des Nationalsozialismus ergangenen Urteile gegen Homosexuelle aufhebt, lebte Alexander von Swaine schon 12 Jahre nicht mehr. So galt er in Deutschland sein gesamtes Leben lang als vorbestraft. Eine Entschuldigung hat er nie gehört, eine Entschädigung nie erhalten. Eine Lebens-Partnerschaft ist er nie eingegangen.

Quelle: Ralf Stabel, Alexander von Swaine. Tanzende Feuerseele. Biografie